Gamescom Interview 2011
Interview - thewitcher.de mit Jan Bartkowicz (Storywriter)
gamescom 17.08.2011
Interview Redakteure: Don-Esteban, Sweil, Zízou
Übersetzung / Überarbeitung: Parcival / Iorweth
Sweil:
Du bist also Story- und Gamedesigner und arbeitetest an den neuen Features für die Version 2.0 von The Witcher 2 mit. Welche Verbesserungen können wir mit diesem Update erwarten?
Jan Bartkowicz:
Es gab sicher erst mal viel im Spiel zu verbessern und zu patchen. Wenn man nun die Version 2.0 erwirbt, hat man wohl die ausgefeilteste Edition von The Witcher 2.
Natürlich liegen dem Spiel alle bisher erschienenen DLCs bei.
Ebenso ist ein erweitertes Tutorial enthalten, das aus dem enormen Feedback der Community heraus entstand, da viele Leute manchmal Schwierigkeiten mit der Steuerung hatten. Dies wurde wohl duch unsere Philosophie, den Spieler sofort nach Spielstart mitten ins Geschehen zu werfen und die Ereignisse einfach bestehen zu lassen, ausgelöst. Jetzt haben wir ein ausführliches Tutorial geschaffen, in welchem wir alle Funktionen, wie z.B. das Kampfsystem oder die Entwicklungsfähigkeiten des Charakters, genau erklären.
Version 2.0 enthält außerdem den Arena-Arcade-Modus. Das ist ein spezieller Bereich, in welchem der Spieler in steigender Schwierigkeit gegen Wellen von Gegnern kämpfen kann. Außerdem wird es einen neuen Monstertypen in diesem Modus geben - den Werwolf. Der Modus dient in erster Linie dazu, im Wettstreit gegen seine Freunde anzutreten. Also Highscores zu brechen und ähnliches. Dazu können Social-Networks wie Facebook oder Twitter integriert werden, um die erreichten Leistungen zu präsentieren.
Sweil:
Wir erfuhren bereits, dass die Version 2.0 für den PC, genauso wie die Xbox-Version, fast vollständig fertiggestellt sind. Was sind die zukünftigen Pläne von CDProject mit dem Witcher?
Jan Bartkowicz:
Wir überlegen, neue Contents für die PC-Version von The Witcher 2 herauszubringen. Es wird sich dabei nicht um Gleichartiges wie die Version 2.0 handeln, sondern vielmehr um Ergänzungen zu den Enden der Geschichte. Nähere Informationen hierzu sind aber noch nicht verfügbar.
Sweil:
Als Storyartist kannst du uns sicher folgende Frage beantworten: Warum sind die Enden von The Witcher 2 im Vergleich zu The Witcher 1 so unaussagekräftig?
Jan Bartkowicz:
Das ist eine gute Frage. Nun, ich denke das Problem, welches manche Leute haben, ist der Gesamteindruck. Der erste Teil könnte genauso gut ein Stand-Alone sein, während der zweite Teil einer geplanten Trilogie nun mal logischwerweise ein sehr offenes Ende zum dritten Teil hin haben muss. Man denke hierbei beispielsweise zum Vergleich an Filme wie Pirates of the Caribbean, wo der erste Teil eine in sich geschlossene Geschichte aufweist, die später unveränderbar ist, aber dann denkt man, es sollte eine Trilogie sein. Damit haben die Leute dann ein Problem. Das Ende von The Witcher 2 ist der Anfang von viel größeren Ereignissen, während The Witcher 1 vielmehr ein Cliffhanger-Ende war. Ich denke, die Leute wollen vor allem die Ergebnisse der politischen Entwicklungen aufgrund ihrer persönlichen Entscheidungen sehen. Die politischen Ereignisse in The Witcher 2 sind ja außerdem weitaus größer als in The Witcher 1. Es ist ja nicht so, dass man "die Büchse der Pandora" einfach aufmacht und dann so leicht wieder schließen kann. Das alles in einem Epilog darzustellen und darin wiederum sämtliche Entscheidungen wie mit dem Teesieb im Bezug auf die Konsequenzen auszufiltern, wäre einfach nicht umzusetzen. The Witcher 2 fungiert also gewissermaßen hauptsächlich als das "Opus Magnum", auf dem der dritte Teil aufbaut. Ich denke aber einfach, es ist der zweite Teil der Trilogie, welcher manche Leute im Bezug auf das Ende zu denken gibt.
Sweil:
Dann hast du uns nun also in gewisser Weise den dritten Teil offenbart.
Jan Bartkowicz:
Wie!?
Sweil:
Nein, ist okay.
Eine andere Frage wäre der Savegame-Import aus The Witcher 1. Viele User finden es sehr schade, dass viele Entscheidungen aus dem ersten Teil im zweiten nicht berücksichtigt wurden. Was war der Grund hierfür?
Jan Bartkowicz:
Nun, wir mussten entscheiden, worauf wir uns konzentrieren. In The Witcher 1 hatte man wirklich eine Menge Entscheidungen zu fällen. Wenn man ein Spiel kreiert, das unlinear sein soll, aber dabei immer ein Limit im Auge behält, muss man entscheiden, worauf man sich konzentriert. Der Import von Savegames aus The Witcher 1 war genau so eine Entscheidung. Wir fragten uns, was die bedeutensten Entscheidungen waren. Das war vor allem die Behandlung der Striege, die Wahl in der Zwickmühle zwischen Scoia'tael und dem Orden der Flammenrose. Das sind die Dinge, die in The Witcher 2 wieder auftauchen. Sicher mussten wir viele kleine Entscheidungen streichen, aber man hat die Konsequenzen hierfür ja weitestgehend schon im ersten Teil gesehen, und somit waren sie eigentlich kein Thema für den zweiten.
Sweil:
Wenn man sich im ersten Teil für die Scoia'tael entschied, spiegelte sich das in The Witcher 2 ja eigentlich nicht wirklich wieder. Man konnte sich trotzdem einfach Vernon Roche anschließen. Hätte es hier nicht mehr Möglichkeiten geben können?
Jan Bartkowicz:
Schätze schon, der Unterschied liegt hier in der Organisation der Fraktionen. Die Scoia'tael sind nicht eine große Armee wie der Orden der Flammenrose, es handelt sich immer um einzelne Kommandos. Sie haben kein Hauptquartier oder Ähnliches. Sie sind eine Seite des Konflikts, haben aber keinerlei organisatorische Struktur. Wenn man also Iorweth trifft, hat man Yaevinn zwar vor nicht allzu langer Zeit irgendwo geholfen, aber Iorweth weiß nichts davon, da die Einheiten völlig unabhängig voneinander in ganz unterschiedlichen Regionen operieren. Außerdem kann Iorweth im Gegensatz zu Yaevinn wirklich als Fanatiker angesehen werden. Manche Leute nennen ihn einen Terroristen, das stimmt wohl auch teilweise, daher würde es sehr unglaubwürdig wirken, wenn er den Hexer fröhlich mit "Willkommen zurück bei den Scoia'tael!" begrüßen würde.
Sweil:
Wir sahen eine Menge Charaktere aus den Büchern im Spiel. Viele davon starben. Habt ihr keine Angst, dass euch die Nebencharaktere ausgehen könnten?
Jan Bartkowicz:
Nein, denn sehen wir es mal so: Es sind nur ein paar Charaktere aus den Büchern, die sterben müssen. Dies geschieht zudem meist als Konsequenz einer Entscheidung des Spielers. Zum Beispiel, was passiert, wenn man sich für Iorweth oder Roche entscheidet? Was passiert mit der Loge der Zauberinnen, wenn man Triss über die Quest des Alliierten (Roche/Iorweth) stellt? Ich mache mir keine Sorgen darüber, ob wir vielleicht zu wenig Charaktere haben. Bei den vielen unterschiedlichen Fraktionen im Spiel können noch viele Charaktere hinzukommen. Ich denke, der wichtigste Tod im Spiel war der von Foltest. Wenn wir aber über die "Königsmörder" sprechen, können wir nicht daherkommen und sie als "erfolglose Königsmörder" darstellen. Das wäre doch wirklich ärgerlich.
Sweil:
Verdammt richtig.
Dann wäre da noch das Mod-Kit, welches ihr beim Release von The Witcher 2 angekündigt habt. Gibt es dazu derzeit weitere Pläne?
Jan Bartkowicz:
Nun, wir mögen es natürlich alle, wie man ein Spiel modifizieren kann. Besonders bei RPGs. Was die Leute erschaffen können, wenn sie ein Toolset bekommen. Es ist aber so, dass The Witcher 2 der erste Titel in der Red Engine ist. Wir haben uns deshalb sehr beeilt, das zu programmieren. Es ist ja nicht so, dass man sagt: "Wir programmieren eine Engine - Okay, die läuft - Wir machen jetzt ein Spiel und geben es aufgrund einer Entscheidung an die Fans". So ist es nicht. Es ist so, dass man die Engine programmiert, um ein Spiel zu machen. Wir mussten erstmal Teil 1 integrieren, und dabei noch entscheidende Tools neu schreiben. Das heißt dann wieder zurückzugehen und alles zu reimplantieren etc., da man die Engine immer miteinbeziehen muss. Der Moment, in dem das Spiel dann letztendlich fertig ist, ist derselbe Moment, in dem die Engine fertiggestellt ist. Es wäre cool, dann auch sofort ein Toolset fertig zu haben, das Leute außerhalb von CDPR nutzen könnten. Bedauerlicherweise ist das aber nicht so. Aufgrund der Arbeit an den Patches, den neuen DLCs sowie der Version 2.0 für den PC und der Xbox-Verison, stehen dafür zurzeit einfach keine Ressourcen zur Verfügung. Man braucht eine ganze Gruppe von Leuten, die die Engine an Tools anpasst, welche von Dritten einfach genutzt werden könnten, um tolle Sachen zu machen. Wir denken definitiv darüber nach und wollen es auch machen, aber im Moment haben einfach andere Dinge Vorrang.
Sweil:
Tomasz Gop hat euch ja vor geraumer Zeit verlassen. Gab es Ärger bei CDPR oder warum hat er die Firma verlassen?
Jan Bartkowicz:
Nein, ich denke, besonders wenn man so lange bei einer Firma ist und sie wirklich Teil deines Lebens wird, dann ist da kein Platz für wirklich böses Blut. Man sagt dann nicht einfach: "Ich verlasse die Firma!" Dafür gibt es dann schon wirklich gute Gründe, wenn man einen solch bedeutenden Teil seines Lebens hinter sich lässt, das passiert dann nicht aufgrund eines ernsten Streits mit jemandem.
Sweil:
Weißt du, was er jetzt tut?
Jan Bartkowicz:
Nein, ich hab ihn zwar vor ein paar Tagen auf ein Bier getroffen, aber wir haben nicht darüber gesprochen, was er zurzeit macht.
Sweil:
Gibt es bereits einen Nachfolger für Tomasz Gop?
Jan Bartkowicz:
Wir haben ein paar Producer, bisher gibt es aber noch keinen Nachfolger. Wir vermissen ihn nur sehr als jemanden, der bisher alle Präsentationen gemacht hat. Nun versuchen wir ihn so gut wie möglich zu ersetzen.
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