The Witcher 2-Review von Sergej Petrow

Habe zwar auch die PC-Version, aber mangels passenden Rechner und wenig lust, mir einen neuen zu kaufen, hab ich mich bis eben jetzt gedulden müssen, The Witcher 2 zu spielen.
Ich betrachte das Spiel erstmal als unabhängiges Spiel, also losgelöst vom ersten Teil.
Hier erstmal ein großes Lob für die XBox-Version. Es ist wirklich prächtig anzuschauen und mir fällt kein Rollenspiel für die XBox ein, welches schöner aussieht. Dazu sauberst programmiert. In meinem Durchgang, den ich halbwegs auf Iorweths Pfaden lief, hatte ich ganze zwei Abstürze, ansonsten nichts, was irgendwie auf einen Bug hindeuten könnte. Die Kampfsteuerung ist sehr präzise. Aber auch Inventar, Logbuch, usw. waren sehr gut handelbar und dazu, was bisher nicht selbstverständlich ist, sehr gut lesbare Schriften. Da können sich so Branchenkönige wie Bethesda eine Scheibe von abschneiden.

Aber zum Spiel selbst:
Das Spiel ist durchweg mit politischen Intrigen und Hopp-oder-Topp-Entscheidungen durchsetzt, was mir sehr gut gefällt. Auch der Entscheidungsdruck bei schwierigen Entscheidungen zusätzlich eine Zeitvorgabe zu geben, bevor sozusagen der Rechner sich für eine Antwort entscheidet, hat was. Dazu gibt es noch die richtige Würze durch nicht vorhandene Schwarz und Weißfärbungen. Einmal fällt es schwer, der gesamtpolitischen Lage zu folgen und man hat mehr als einmal das Gefühl, dass man nur ein Spielball ist, dann ist bei diversen Quest zu beobachten, dass man sich auch nach Abschluss der Aufgabe tatsächlich nicht so sicher ist die "richtige" Entscheidung getroffen zu haben, aber wer weiß schon was richtig ist und wie es Geralt so schön gesagt hat, ist es müßig, getroffene Entscheidungen hinterherzujammern.
Das hat schon sehr großen Spaß gemacht.
Es gibt einige Minispiele, die zum großen Teil recht viel Spaß machen. Hier ist einzig und allein das Würfelspiel nicht dazu geeignet, viel Freude aufkommen zu lassen. Dazu muss a) die XBox viel zu oft den Ladebildschirm zeigen, b) kann man sich nur an die geometrischen Figuren halten und im Zweifel kann durch eine dunkle Umgebung die Sicht doch stark getrübt sein. Dagegen sind die Boxkämpfe sehr dynamisch, wenn auch etwas zu leicht. Das Armdrücken ist ein ziemlich witziges Minispiel, wobei ich es dort auch meist nur auf die Meisterschaftskämpfe ausgelegt habe. Einmal gab es sogar ein Messerwerfen, dass ich beim ersten Versuch auch gleich verdaddelt habe, weil ich überhaupt nicht wusste, um was geht.
Die Inszenierungen diverser Szenen haben mir sehr gut gefallen. Da braucht man sich nicht hinter ME oder DA zu verstecken.

Weniger gut hat mir gefallen, dass wenn man Alchemie nutzt und durch seine Talentwahl auch drauf angewiesen ist, man doch oftmals Nachteile im Kauf nehmen musste. Man kann kaum Gespräche führen, wenn man sich präpariert hat, da die Zeit weiterläuft. Das mag zwar durchaus realistisch sein. Aber wenn ein Spiel so aufgebaut ist, dass es drei gleichwertige Äste gibt und man in einem Ast ziemlich stark skillen muss, um bis zum Ende zu kommen, dann täte hier etwas weniger Realismus dem Gameplay ganz gut. Mal als sehr hartes Beispiel: Wenn man im allerletzen Kampf sich alle Dialoge anhört, sind alle Wirkungen zunichte und man steht dann so ziemlich im Hemd da. Als Magier oder Schwertkämpfer gibt es das nicht. Wenn es um Einträge geht, kann man zwar alle Gespräche anklicken und weiterklicken, um zum nächsten Eintrag zu kommen. Das kann aber kaum Sinn der Sache sein. Ist Gemecker auf hohem Niveau und wie gesagt, man kann es ja dann auch wieder irgendwie umgehen, aber jedenfalls ist das ein Punkt, der mich gestört hat.
Dann gibt es im zweiten Akt einen recht harten Schlusskampf im Nebel. Dort kann man nichtmal vorher Tränke zu sich nehmen. Lediglich Öle, Fallen und Bomben funktionieren aus dem Alchemieast und das, obwohl der Hexer doch besonders hier seine Stärken hat. Im Vergleich zu den Magierhexern oder Schwertkämpferhexern steht man also auch hier ziemlich im Hemd da.
Anmerken möchte hier, dass ich Geralt so gespielt habe, dass jedesmal, wenn ich dachte, dass es gefährlich werden könnte, ausgiebig von Tränken und Ölen gebrauch gemacht habe. Bevor es also in diesem Beispiel zum Bosskampf kam, war Geralt bestens vorbereitet. Nur war die Wirkung schon lange dahin, als es dann gegen Mr. Ich bin dein Albtraum zu werke ging. Gut, dass er Frostfallen überhaupt nicht mag.

Das Handwerksystem hat mir sehr viel Spaß gemacht. Es gibt sehr viele Schemas, die man sich bauen lassen kann und gerade im ersten Akt, wo Geralt noch klein und schwach ist, wird das Sammeln allermöglichen Dinge gut belohnt. Aber auch so gibt es mehr als genügend Ausrüstung. Da ist für jede Ausrichtung vom was dabei, so dass auch für genügend Spaß gesorgt ist, Gerakt nicht nur auf unterschiedliche geschichtliche Ergebnisse zu spielen, sondern auch die unterschiedlichen Skillmöglichkeiten probiert.
Bei den Kämpfen ist es so, wie bei vielen RPGs: Anfänglich muss man sehr vorsichtig sein, während es später mit besserer Ausrüstung (hier lohnt sich das sprichwörtliche jeden Stein umdrehen sehr) und haufenweise Talente zur unschlagbaren Kampfmaschine wird. Wenige Bosskämpfe mal außen vor. Da geht es dann um spezielle Taktiken.
Was mir sehr gut gefällt, sind die Schwertkombinationen. Steht ja so speziell nicht im Handbuch drin, aber insgesamt ist das gar nicht mal so unähnlich zum ersten Teil. Mit ein bisschen Übung bekommt man richtig gute Serien und Schlagkombinationen hin.
Dann scheint es Geheimnisse ohne Ende zu geben. Bin mir bei weitem nicht sicher, ob ich in meinem ersten Durchgang alles das entdeckt habe, was es zu entdecken gab (natürlich von meiner gewählten geschichtlichen
Fortsetzung). Soviele Questgegenstände, wo ich mir sicher bin, dass die nie benutzt wurden. Hatte zwar jetzt nichts durchgestrichenes im Journal und mit Level 35 wohl auch recht hoch abgeschlossen, aber da ist bestimmt noch mehr. Wobei für mich erstmal interessanter sein wird, wie sich andere Geschichtsabläufe so machen.

Ein paar Negativpunkte gibt es auch:
Das Würfelspiel habe ich oben schon erwähnt. Auch den etwas blöden Einsatz von Alchemie, wo es eigentlich nur ein Zeitstopp bei Zwischensequenzen gebraucht hätte.
Dann war auf der XBox das Suchen von Gegenständen nicht immer ganz angenehm. Mit der Zeit bekommt man das zwar besser in Griff, aber auch später musste man oft genug den Char hin und herdrehen, bis Geralt richtig ausgerichtet war und man einen Gegenstand aufnehmen konnte.
Über offene Welt und so lass ich mich nicht aus. Hat TW nunmal nicht. Kann man lange drüber streiten, aber ich denke, man sollte lieber über die Stärken eines Spieles diskutieren, solange diese Stärken vorhanden sind.
Ehrlich gesagt fällt mir nicht mehr negatives ein. §cry
Aber mal auf dem Punkt gebracht: Ein klasse Spiel!
----------------------------------------------------------------------
Jetzt mal den Vergleich zum ersten Teil.
Da fällt mir schon ein bisschen mehr ein.
Was mir gefehlt hat, waren diese Jagden auf die mysteriösen Monster. Man hört Geschichten, erfährt so nach und nach immer mehr und irgendwann geht Geralt los. Im zweiten Teil ist es zu sehr kleinkram. Ob nun Harpyienkönigin oder die Spinnen oder so, das war ja eigentlich nur Kruppzeugs.
Im Prinzip war nur im ersten Akt eine vergleichbare Jagd, die entsprechend auch sehr gut in Szene gesetzt war. Geralt ist ein Monsterjäger. Das ist sein Job und so ein zwei zusätzliche klitzekleine Herausforderungen von besonders miesen Bestien hätte dem Spiel noch zusätzlich gut getan.

Dann die Alchemie. Gut, ein paar Besonderheiten gibt es im zweiten Teil auch, so muss man sich davor hüten, die Rezepte mit dem Autofüller zu füllen. So hab ich angefangen und durfte dann irgendwann feststellen, dass ich meine Mutagene vermixt habe. Selbst mischen ist also dringend angeraten, sofern man viel mit Handwerk machen möchte. Der Autofüller hat die "tolle" Eigenart, immer erst die Werkstoffe zu nehmen, die man am wenigsten hat.
Mir gefiel aber das Alchemiesystem aus dem ersten Teil deutlich besser. Einmal musste man sich viel mehr in acht nehmen, da man nur am Lagerfeuer mischen konnte, also hier besonders auf gute Vorräte bauen musste. Dann war es mit der Alkoholgrundlage und den Zusatzwirkweisen bei den Rohstoffen noch um einiges interessanter mit der Zusammenstellung der Tränke. Hatte beinahe etwas mystisches ansich. Diesen Zauber hat Alchemie im zweiten Teil nicht mehr so. Kurz angehalten, Tränke in der Hosentasche und in Sekundenschnelle hergestellt und weiter gehts.
Dafür ist es allerdings wesentlich politischer geworden und diese vielen Entscheidungsmöglichkeiten. TW1 war da ja schon nicht ohne, aber mE. wurde das im zweiten Teil noch übertroffen. Mag sein, dass dann zum Schluss das ganze auf wenig Endentscheidungen hinauslauft. Aber das Ende ist nur eine kurze Zeit, während man zwischen Anfang und Ende sehr viel Zeit verbringt.
Von den Akten mein bisher klarer Favorit ist der erste Akt. Eben der, wo auch die besondere Monsterjagd nicht zu kurz kommt.
Insgesamt sehe ich TW2 als etwas schlechter, als den ersten Teil. Aber beide auf sehr, sehr gutem Niveau.

|