The Witcher 3: Wild Hunt - Blood and Wine-Review
Die Witcher 3-Saga gipfelt nach dem Hauptspiel und Hearts of Stone mit Blood and Wine in ein fulminantes und märchenhaftes Finale. Doch was erwartet Spieler im Herzogtum Toussaint nach dem bereits brillanten Hauptspiel und Hearts of Stone? Einen Einblick darüber gaben wir euch bereits in unserer Video-Preview kurz nach Release von Blood and Wine:
Hier soll es nun um die Dinge gehen, die in diesem Zwischenfazit noch nicht angesprochen oder nur angeschnitten wurden.
Grundlegendes: Story & Gameplay
Zum Umfang des neuen Addons lässt sich sagen, dass wir die Hauptstory sowie einige der zahlreichen Nebenquests nach rund 31 Stunden beendet hatten. Dabei verging die Zeit jedoch wie im Flug und wir waren nach dem Durchspielen dann doch sehr überrascht, dass tatsächlich schon so viel Zeit vergangen war - etwas das für die Klasse von Blood and Wine spricht. Außerdem standen zu diesem Zeitpunkt noch einige Nebenquests sowie noch gar nicht besuchte Anschlagbretter aus, sodass wir durchaus noch etwas mehr Zeit in Blood and Wine verbringen konnten. Allein Umfang macht jedoch noch lange kein gutes Spiel. Dass Blood and Wine aber auch rein qualitativ und inhaltlich zu glänzen weiß, ist für Witcher-Fans nach Wild Hunt und Hearts of Stone zwar sicherlich keine Überraschung, aber selbstverständlich dennoch hoch erfreulich.
Wie bereits in unserer Preview erwähnt, ist in Blood and Wine rein gameplaytechnisch grundlegend zwar alles beim Alten geblieben, dennoch spielt es sich ein wenig wie ein Best Of der Witcher-Reihe. Das hat zum einen damit zu tun, dass CD PROJEKT RED auf die Fans gehört hat und beispielsweise den bereits in Hearts of Stone eingeschlagenen Weg hin zu vielfältigeren Angriffsmustern bei Monstern konsequent weitergegangen ist. Und so versuchen uns die Säure speienden Archesporen zum Beispiel mittels explodierender Knospen auf Abstand zu halten und die unwahrscheinlich eklig aussehenden Riesentausendfüßler greifen gern aus dem Hinterhalt an, nur um Sekunden später wieder im Untergrund zu verschwinden. Gleiches gilt für die in Blood and Wine vertretenen größeren Zwischengegner, die allesamt gefühlt etwas mehr auf dem Kasten haben als die Gegner aus dem Hauptspiel.
Auch an das Charaktersystem, das durch den Runenschmied bereits in Hearts of Stone etwas aufgebohrt wurde, wurde noch einmal Hand angelegt. Und so ist es uns nun dank eines neuen Fähigkeitenbaums mit 12 extrem mächtigen Mutationen möglich, Geralt noch weiter an unsere eigene Spielweise anzupassen. Ganz gelegen kommt dabei natürlich die Möglichkeit, dass wir bis zu vier weitere Slots für unsere normalen bereits aus dem Hauptspiel bekannten Fähigkeiten freischalten können.
Von diesen 12 mächtigen Mutationen kann immer nur eine gleichzeitig aktiv sein
Zum anderen sind natürlich die Quests und alte wie neue Charaktere wieder exzellent gelungen, zu denen wir aus Spoilergründen aber nicht mehr sagen möchten. Beschränken wir uns also auf ein paar Beispiele anhand der Nebenquests. In einem Herzogtum mit fahrenden Rittern an jeder Ecke, sind Turniere als Möglichkeit den eigenen Ruhm zu steigern natürlich fast schon obligatorisch. Und so finden auch wir uns in einem solchen Turnier wieder. Hierbei besteht die Quest jedoch nicht nur aus einem einfachen Hau-drauf-Scharmützel, sondern viel mehr aus einer kleinen Questreihe, die uns durch unterschiedliche Bereiche wie beispielsweise einem Pferderennen gegen die Zeit - die wir durch das Treffen von Zielen erhöhen können - Armbrustschießen, Zweikampf und Gruppenkampf führt.
An anderer Stelle wiederum stoßen wir auf einem verlassen wirkenden Feldweg auf die Leichen einer Karawane und den Herren ebendieser Ländereien zu der auch der Feldweg gehört. Schnell haben wir einen silbernen Basilisken als Übeltäter ausgemach. Der Herr der Ländereien bittet uns jedoch tatsächlich den silbernen Basilisken als Bannertier seines Hauses und letzten seiner Art zu verschonen, wodurch wir entweder in die Geschichte als der Hexer eingehen können, der das letzte Exemplar einer aussterbenden Art getötet hat oder alternativ als Umweltschützer und Hexer mit Herz bekannt werden. An einem Punkt der Story habt ihr außerdem die Wahl ein Gebiet zu besuchen, an dem sich CD PROJEKT RED noch einmal so richtig austoben konnte und was wir so nicht haben kommen sehen, weshalb wir umso mehr positiv überrascht waren.
Auch die abwechslungsreichen und mitunter ziemlich lustigen Nebenquests machen wieder eine Menge Laune
Das Suchen von neuen Hexerschemata, wie auch die Monsterjagden, fügen sich durch die Unterfütterung von kleinen Geschichten abermals natürlich ins Spiel ein. In der Spielwelt werdet ihr nun außerdem auf ein paar Hauptquartiere von Banditen stoßen, die aufgrund der Feindesanzahl nicht nur eine willkommene Abwechslung, sondern auch eine mitunter gehörige Herausforderung darstellen. Einmal ausgeräuchert, werdet ihr in der näheren Umgebung dieser Lager jedoch auf weniger Banditen und mehr fahrende Ritter oder gar Monster stoßen, da sich die Banditen nach dem Fall einer solchen Bastion aus dem Staub gemacht haben.
Unser aller Lieblingsspiel im Spiel Gwint - oder Gwent wie es außerhalb Deutschlands und Polens heißt - ist natürlich ebenfalls wieder mit von der Partie. Und da Gwint in Toussaint ein regelrechter Nationalsport zu sein scheint und passend dazu ein neues Turnier samt neuer Fraktion auf uns wartet, dürften alle Gwint-Fans in Blood and Wine glücklich werden. Die Partien haben (zum Glück!) gefühlt an Schwierigkeit zugelegt, sodass jetzt selbst vermeintlich schwache Gegner wie Schmiede oder Wirte zu einer Bedrohung werden können. Die Skellige-Fraktion zu spielen, erweist sich dank der neuen Fähigkeiten und der sich daraus ergebenden neuen Taktiken recht schnell als wahre Freude, zumal wir im Turnier gezwungen sind mit dem Skellige-Deck zu Felde zu ziehen.
Auch Geralts eigenes Weingut Corvo Bianco ist eine wunderbare Abwechslung. Nach dem Ausbau beziehungsweise der Renovierung des baufälligen Anwesens, können wir unsere liebsten Schwerter und Rüstungen beispielsweise auf Rüstungsständern zur Schau stellen, sodass unsere hart erarbeiteten Ausrüstungsgegenstände nicht mehr nur in einer Truhe versauern müssen. Stattdessen tragen sie zur Verschönerung unserer Bleibe bei und sorgen nebenbei gleich für ein wenig Hexerambiente. So kann sich Corvo Bianco, wenn man denn möchte, später zu einem richtigen kleinen Stützpunkt mausern. Ein Kräutergarten, ein Stall für Plötze sowie ein Bett für uns selbst sind nur einige der Annehmlichkeiten, von denen außerdem einige auch temporäre Boni verleihen.
Dürfen wir vorstellen? Haushofmeister Barnabas-Basilius, die gute Seele unseres Weinguts, steht uns stets mit Ratschlägen zur Seite und ist immer für eine Runde Gwint zu haben
Beauclair, die Hauptstadt von Toussaint, ist, anders als beispielsweise Novigrad aus dem Hauptspiel, hauptsächlich von gut betuchten Bürgern bewohnt, die sich mit allerhand Luxusproblemen „herumärgern“ dürfen. Beispielsweise helfen wir einem Künstler dabei sein neuestes Gemälde zu verwirklichen, schlichten einen - nicht ganz alltäglichen - Ehekrach, und unterstützen natürlich immer wieder mal liebeskranke Ritter - die schillernden Promis von Toussaint. Die Stadt selbst gibt dabei aber auch wunderbar die Andersartigkeit von Toussaint wieder. Die Menschen wissen ihr Leben zu genießen und erfreuen sich an Kunst, Ritterturnieren und natürlich auch am Wein. Es erinnert fast schon an ein freundliches Idyll, verglichen mit den aus dem Hauptspiel und Hearts of Stone bekannten Dörfern und Städten, in denen vorwiegend eine eher bedrückte Stimmung oder gar Elend herrschten. Darüber hinaus ist aber auch Beauclair einfach wundervoll gestaltet: Überall strahlen uns bunte, fröhliche Farben von den mediterran anmutenden Häuserfassaden entgegen und die Lage der Stadt hätte schöner nicht umgesetzt sein können. Während die Landmasse in Toussaint selbst nämlich insgesamt etwas flacher als im Hauptspiel daherkommt, schlingelt sich Beauclair vom Arbeiterviertel im Hafen hin zum Stadtkern einen kleinen Berg hinauf, wodurch herrlich verwinkelte kleine Gassen entstehen, die geradezu zum Verweilen einladen. Auf der Spitze dieses Berges schließlich thront der imposante Palast Anna Henriettas, ein Relikt aus längst vergangenen Tagen als noch Elfen über die Lande Toussaints herrschten.
In Toussaint ticken die Uhren eben anders
Des Weiteren merkt man, dass an vielen Kleinigkeiten noch einmal Hand angelegt wurde und Details überarbeitet wurden. Besonderes Lob gebührt hier auch dem grundlegend überarbeiteten Inventar, das streng genommen nicht einmal Teil des neuen Addons ist. Schließlich können sich daran alle erfreuen, die sich Patch 1.20 herunterladen, selbst wenn sie nur das Hauptspiel besitzen sollten. Durch die neue Sortierung sowie die optische Generalüberholung wirkt es deutlich übersichtlicher und aufgeräumter. Die neue Vorschaufunktion für Ausrüstungsgegenstände, um nicht jedes Rüstungsteil anlegen zu müssen, ist ebenfalls eine sehr schöne Komfortfunktion, die insbesondere dann zum Tragen kommt, wenn es um die neuen Färbeoptionen geht. In Blood and Wine können wir unsere Hexer-Ausrüstung nun nämlich je nach Geschmack umfärben. Ein Zurücksetzen in den Ursprungszustand ist mit einer entsprechenden Phiole ebenfalls möglich. Richtig klasse finden wir auch die Möglichkeit uns Geralt im Charakterfenster, das nun wie der Rest des Inventars deutlich schicker präsentiert wird, ansehen zu können. Dank eines 3D-Modells von Geralt - das wir nach Herzens Lust drehen oder heranzoomen können - können wir uns im Verbund mit der weiter oben erwähnten Vorschaufunktion und der Möglichkeit Rüstungen einfärben zu können, nun nämlich besser als je zuvor modisch austoben.
Technik
An der technischen Front gibt es ebenfalls Positives zu berichten. Tatsächlich wirkt Blood and Wine technisch nämlich noch eine Ecke runder als Wild Hunt und Hearts of Stone. Aufgrund eines neuen Renderverfahrens, können wir ohne Performanceeinbußen außerdem eine deutlich schickere Vegetation bewundern, wodurch insbesondere Gras nicht nur natürlicher aussieht, sondern auch viel dichter angezeigt werden kann. Des Weiteren ist uns nur ein grafischer Bug an einer unserer ausgestellten Rüstungen in Corvo Bianco aufgefallen, der inzwischen jedoch bereits durch einen Patch behoben wurde.
Auch die Lokalisierung ist wieder grandios gelungen und besonders die wichtigen Charaktere - alte wie neue - können wieder mit hochkarätigen Sprechern glänzen. Den einzigen Wermutstropfen stellt die Soundqualität der deutschen Sprachausgabe dar, die dafür sorgt, dass die deutschen Sprecher mitunter etwas blechern/hohl klingen, was (vermutlich aufgrund der Stimmlage) besonders ausgerechnet bei Geralt selbst auffällt. Manchmal hört es sich ein wenig so an, als ob die Charaktere sich in einer Halle befinden würden, obwohl sie beispielsweise grade auf dem Feld unterwegs sind. Die unterschiedliche Soundqualität bei der deutschen Sprachausgabe fällt insbesondere dann auf, wenn man vorher das Hauptspiel oder aber Hearts of Stone gespielt hat. Das hört sich jetzt vielleicht schlimmer an als es tatsächlich ist, aber da die deutsche Lokalisierung abgesehen davon wieder tadellos gelungen ist, ist es natürlich umso bedauerlicher, dass die deutsche Lokalisierung durch diesen technischen Aspekt ein wenig leidet. Nach ein paar Stunden fällt dieser leichte Hall-Effekt aber glücklicherweise kaum noch auf.
Die musikalische Untermalung ist indes auch in Blood and Wine wieder über jeden Zweifel erhaben und versetzt uns beim Umherstreifen durch das wunderschöne Gelände nicht selten in den Urlaubsmodus. Dass die Entwickler aber auch ganz anders können, erleben wir während der Story, in der die Musik auch mal ganz andere (dunkle, dramatische und treibende) Töne anschlagen kann. Große Klasse!
Wünsche unserer Redaktion für die GotY-Version von The Witcher 3: Wild Hunt/zukünftige RPGs
Bevor wir zum Fazit kommen, möchten wir die Gelegenheit nutzen und einige unserer Wünsche für kommende Spiele zu Besten geben. Eine Game of the Year-Edition von The Witcher 3: Wild Hunt samt aller DLCs sowie beider Addons ist bereits bestätigt, doch wie schön wäre es, könnten wenigstens einige der Verbesserungen, die mit Hearts of Stone (ausgefeiltere Angriffsmuster bei Gegnern) und Blood and Wine (noch bessere Grafik bei gleichen Hardwareanforderungen) nachträglich auch ins Hauptspiel integriert werden? Schön wäre auch, wenn zumindest die wichtigeren NPCs einen noch natürlicheren Tagesablauf spendiert bekämen. Dieser erschien uns in den Gothic-Spielen nämlich noch ein wenig ausgeklügelter, was auch damit zusammenhängen dürfte, dass man dort alle NPCs förmlich vom Bett bis zum Arbeitsplatz verfolgen konnte. In The Witcher 3 passierte es uns immer wieder mal, dass sich NPCs - wie beispielsweise der Schmied beim „Platz des Hierarchen“ in Novigrad nach einem Rundgang um den Platz - von jetzt auf gleich zur Arbeitsstelle hin teleportiert haben.
Fazit
Mit Blood and Wine hat CD PROJEKT RED die Geschichte rund um Geralt von Riva nun endgültig zu einem Abschluss gebracht. Zwar wird im September dieses Jahres mit der Beta zum Witcher-Kartenspiel GWENT noch ein weiteres Spiel im Witcher-Universum folgen, das sogar gleich mehrere Story-Kampagnen bieten soll, dann dürfte aber auf absehbare Zeit erst einmal Schluss sein. Denn fest steht: Blood and Wine stellt das Ende von Geralts Geschichte dar. Und so bleibt uns nur festzuhalten, dass auch Blood and Wine in jeder Hinsicht zu überzeugen weiß. An praktisch jeder Ecke lässt sich das Herzblut förmlich spüren, das die Entwickler in dieses Projekt gesteckt haben. Es gibt jede Menge Anspielungen, drei verschiedene Enden, einen emotionalen Abschied von Geralt und erinnerungswürdige wie abwechslungsreiche Quets und Geschichten gleich im Dutzend. Und somit wächst The Witcher 3: Wild Hunt nun endgültig zum absoluten Mammutspiel und Preis-/Leistungskracher heran. Was die Entwickler in Blood and Wine aber auch in The Wild Hunt sowie Hearts of Stone abfeuern, zählt zum Besten was die Gaming-Branche zu bieten hat. Wir sagen danke und freuen uns auf die zukünftigen Projekte GWENT, Cyberpunk 2077 und auf hoffentlich noch viele weitere unvergessliche Spiele.
Weitere Screenshots, die wir euch nicht vorenthalten wollen:
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