Unser Eindruck zu Thronebreaker: The Witcher Tales
Thronebreaker: The Witcher Tales ist der neueste Beitrag zur Witcher-Serie von CD PROJEKT RED. Ursprünglich als Bestandteil von GWENT: The Witcher Card Game geplant, erwuchs Thronebreaker während der Entwicklung jedoch schnell zu einem eigenen kleinen aber feinen vollwertigen Spiel. Und auch wenn wir das Spiel noch nicht durchgespielt haben, wollen wir euch hiermit getreu dem Motto „besser spät als nie“ zumindest unsere bisherigen Eindrücke zum Spiel schildern und warum sich Witcher-Fans und Freunde gut erzählter Geschichten das Spiel definitiv mal ansehen sollten.
Auch Thronebreaker bietet zwar die bereits aus GWENT bekannten Kartenschlachten, verpackt diese jedoch stilvoll in eine wendungsreiche und interessante Geschichte mit frei erkundbarer Oberwelt und garniert das Ganze mit einer Reihe von Rollenspielmechaniken. Damit lässt sich das Spiel grob gesagt in drei Bereiche unterteilen: die GWENT-Kämpfe, das Erkunden der Spielwelt und die RPG-Mechaniken inklusive der zahlreichen Entscheidungen innerhalb der Geschichte.
Jeder dieser Bereiche bietet jedoch seine Eigenheiten und liest sich auf den ersten Blick vielleicht ein wenig simpler, als es zunächst den Anschein hat. Da wären die Kämpfe an sich. Natürlich wäre es ein Leichtes für die Entwickler gewesen, jeden Kampf nach ein und demselben Muster abzuspulen. Stattdessen wird jedoch bereits hier eine hohe Vielfalt geboten, da längst nicht alle Kämpfe sogenannte Standardkämpfe sind, die nach zwei gewonnenen Runden enden. Das lockert das Spielgeschehen ungemein auf, da man sich stets auf die neuen Herausforderungen einstellen muss, was durch vorgegebene Kartendecks und verkürzte Kämpfe mit nur einer Runde noch verstärkt wird. Überall in der Welt finden wir so mal mehr, mal weniger versteckte Ereignisse, die beispielsweise in Rätsel oder auch in die auf eine Runde verkürzten Kämpfe münden können.
Besonders in den Rätsel-Kämpfen entstehen so manchmal die skurrilsten Situationen. So müssen wir auch schon mal unsere Hauptfigur vor herabstürzenden Felsbrocken schützen, indem wir die Steine rechtzeitig zerstören oder wir beschützen mal eine Herde Kühe vor einem Monster, müssen uns einen Fluchtweg freikämpfen oder einen bestimmten Gegner während der Partie umzingeln sowie gegebenenfalls über Leben oder Tod entscheiden - was wiederum bestimmte Wege durch die Geschichte eröffnen oder verschließen kann. Und diese Rätsel sind noch eher der simpleren Sorte zuzuordnen. Im späteren Spielverlauf stoßen wir mitunter auch auf ziemliche Kopfnüsse, die wir erst nach vielen Versuchen meistern. Bei manchen dieser komplizierteren Rätsel scheint es uns jedoch nur einige wenige oder gar nur eine richtige Spielweise zu geben, was mitunter auch mal in Trial & Error ausarten kann, wenn man das Rätsel um jeden Preis lösen möchte. Dafür belohnt euch das Spiel jedoch auch mit reichlich Beute.
Womit wir auch schon beim nächsten Punkt wären: dem Erkunden der Spielwelt. Nach jedem Kampf und beim Erkunden der in Karten aufgeteilten Welt erhalten wir Beute in Form von Gold und Holz, die als unsere Rohstoffe fungieren. Dazu gesellt sich die Währung „Rekruten“, mit der wir unserer Armee neue Soldaten hinzufügen können. Zu guter Letzt gibt es noch die Moral unserer Truppe. Diese sollten wir stets im Auge behalten, da sie in Abhängigkeit unserer getroffenen Entscheidungen zwischen niedriger, mittlerer (normaler) und hoher Moral schwanken und somit direkten Einfluss auf die Stärke aller unserer Einheiten während eines Kampfes haben kann. Bei niedriger Moral wird aus einem Soldaten mit einer fünfer Kampfkraft so schnell mal einer mit einer Kampfkraft von vier. Genauso kann die Stärke jedoch auch um einen Punkt auf sechs steigen. Was erstmal nicht nach viel klingt, kann - auf unsere ganze Armee bezogen - durchaus das Zünglein an der Waage sein und uns so den Sieg kosten. Glücklicherweise steigt oder sinkt die Moral aber nicht nur in Abhängigkeit unserer getroffenen Entscheidungen, sondern kann durch kleine Opfergaben an Schreinen der Melitele wieder auf Vordermann gebracht werden. Diese Schreine sind auf den Karten verteilt und können uns indirekt durchaus den Sieg in unserem nächsten Kampf bescheren.
Das Erkunden der Welt und das Sammeln von versteckten Schätzen und Ressourcen geht dabei Hand in Hand mit den RPG-Mechaniken. Durch einen simplen Klick auf das entsprechende Symbol könnt ihr praktisch jederzeit eurer Lager aufschlagen, was als eine Art Zentrale dient, in der ihr auf verschiedene Funktionen Zugriff habt. Im angezeigten Heerlager lassen sich so verschiedene Zelte mit unterschiedlichen Funktionen besuchen. In der Schenke plaudern wir beispielsweise mit unseren Weggefährten, lernen sie und ihre Motive besser kennen oder lassen vergangene Ereignisse nochmal Revue passieren. In der Werkstatt lassen sich gegen die von euch gesammelten Rohstoffe hingegen neue Spielkarten oder verbesserte Varianten freischalten. Der Ausbildungsplatz fungiert schließlich als Kartendeck, in dem wir unsere Armee zusammenstellen und im Kommandozelt lassen sich allerhand zuvor gefundene oder erhaltene Schriftstücke nochmals in Ruhe ansehen.
Verzahnt mit den bereits besprochenen Mechaniken ist die Geschichte, die wir als Herzstück des Spiels ansehen. Zwar wird diese vornehmlich in Gesprächen in der Spielwelt oder in animierten Standbildern vorgetragen, dafür sind sie jedoch wieder hervorragend vertont worden. Im Mittelpunkt steht Königin Mewe, die kurz nach den Ereignissen von The Witcher 2: Assassins of Kings ihr Königreich nicht nur vor der nilfgaardischen Armee, sondern auch vor Feinden aus dem Inneren verteidigen muss.
Nach dem Tutorial, das je nach Spielweise knapp 30-45 Minuten dauert, öffnet sich das Spiel und ihr könnt fortan selbst bestimmen, welchen Weg ihr mit Königin Mewe gehen wollt. Neben den bereits erwähnten verschiedenartigen Kämpfen warten selbstredend auch die Hauptquest sowie eine gute Hand voll Nebenquests auf euch. Da kommt es uns ganz gelegen, dass wir mit Wegpfeilern innerhalb einer Karte schnellreisen können. Weniger schön finden wir, dass es scheinbar keine Möglichkeit gibt in zuvor besuchte Gebiete/Karten zurückzukehren. Somit sind wir gezwungen alle Herausforderungen zu meistern, ehe wir in der Geschichte voranschreiten. Wie in The Witcher 3: Wild Hunt, gibt es auch in Thronebreaker neben den Wegpfeilern jedoch auch Anschlagbretter zu finden, die uns auf unserer Übersichtskarte interessante Orte wie beispielsweise die Lager von Banditen, Monster oder Schätze markieren.
Entscheidungen wollen dabei von Beginn an getroffen werden und wirken sich unterschiedlich intensiv auf das Geschehen aus. Manche Auswirkungen unserer Entscheidungen zeigen sich dabei sofort, andere jedoch - in guter Witcher-Manier - erst später. Beispielsweise haben wir gleich im ersten Dorf die Möglichkeit unseren Untertanen, die Banditen beherbergt haben, Respekt beizubringen, die Männer als Soldaten zwangszurekrutieren oder sie einfach in Frieden zu lassen. Unsere Untertanen machen uns jedoch darauf aufmerksam, dass die Ernte kurz bevorsteht und spätestens dann jede helfende Hand gebraucht wird. Ein anderes Beispiel aus den frühen Stunden des Spiels: Ein Kloster wurde ausgeraubt und wir haben die Möglichkeit die Banditen, nachdem wir sie auf der Karte lokalisiert haben, in Ruhe ziehen zu lassen oder zum Kampf zu blasen. In diesem Fall müssen wir drei Pferdewagen voller Beute zerstören, ehe die Runde beendet ist. Doch das war es noch nicht mit den Entscheidungen: Das erbeutete Silber können wir nun entweder dem Kloster zurückgeben oder aber es für unseren Feldzug selbst beanspruchen. Das Spiel lässt euch auch hier die Wahl. Gutmensch wie wir sind, geben wir es aber natürlich dem Kloster zurück und werden daraufhin auch gleich belohnt. Zwar sind wir nicht an Silber reicher, dafür aber bedankt sich das Kloster in Form von Verstärkung. Wir erhalten eine neue Spielkarte, die Gefallene wieder aufs Schlachtfeld zurückholen kann. Auch im späteren Spielverlauf lassen sich neue besondere Verbündete wie ein Ritter und eine Hexe für uns gewinnen, wenn wir zuvor richtig entschieden haben. Die Hexe, die eigentlich eine Heilerin ist, wird sich uns beispielsweise nur dann anschließen, wenn wir zuvor eine bestimmte Bedingung erfüllt haben. Ein anderes Mal finden wir dank eines verletzten zurückgelassenen Banditen im Räuberversteck die Beute, vorausgesetzt wir lassen ihn nicht hängen.
Dass unsere getroffenen Entscheidungen jedoch auch durchaus mal unangenehme Folgen haben können, kriegen wir alsbald zu spüren, als wir den Verlust eines Teils unserer Armee zu beklagen haben. Grund hierfür ist, dass wir gutgläubig einem sonst todgeweihten Anderling vertraut und vor einem wütenden Mob gerettet haben, der sich als Dank für diese noble Tat nicht nur als Giftmischer betätigt, sondern auch als Teil der Scoia'tael zu erkennen gibt.
Auch Gespräche mit vermeintlich belanglosen NPCs können sich lohnen. Durch das Gespräch mit einem alten Mann aus einem Dorf erhalten wir beispielsweise ein paar Groschen Gold - einfach nur, indem wir ihm zuhören bzw. mit ihm sprechen. Auch später zahlt sich das Sprechen mit vermeintlich unwichtigen NPCs aus. Überall in der Spielwelt verstreut finden wir Holz und Gold sowie andere nützliche Dinge und Items, wie beispielsweise Goldtruhen, derer es 10 im ganzen Spiel geben soll. Die erste finden wir dann auch beinahe unmittelbar am Anfang des Spiels, die restlichen sind meist gut versteckt. In den Kisten finden wir neue Spielkarten und Rahmen für unseren Avatar, die wir in GWENT: The Witcher Card Game einsetzen können. Es lohnt sich somit auf jeden Fall immer jeden Stein doppelt umzudrehen. Wenngleich dies natürlich kein Muss ist, so macht es das Leben doch um einiges einfacher, da man so alle Nase lang über kleinere oder größere Rohstoffvorkommen stößt, die den Ausbau eures Lagers oder das Herstellen neuer Einheiten ungemein beschleunigen.
Selbst einige durchaus amüsante Eastereggs haben es ins Spiel geschafft. Der bereits aus GWENT: The Witcher Card Game bekannte gutmütige Troll Shop, der uns stets mit neuen Kartenfässern und Meteoritenstaub versorgt, schaut auch in Thronebreaker vorbei und wir staunen nicht schlecht, als wir einen alten Herrn einen bekannten deutschen, aber etwas umgedichteten, Popsong singen hören.
Was ist also nun von Thronebreaker: The Witcher Tales zu halten und für wen ist das Spiel empfehlenswert und für wen nicht? Nach allem, was wir bislang vom Spiel gesehen haben, bleibt Thronebreaker der Witcher-Serie in einigen Kernpunkten durchaus treu. Die Geschichte kommt nach kurzer Zeit gut in Fahrt und ist spannend. Mit den klasse vertonten Charakteren fiebern wir mit und kleine wie größere Entscheidungen müssen alle Nase lang getroffen werden. Selbstverständlich geschieht das inszenatorisch alles in einem kleineren Rahmen als in The Witcher 3: Wild Hunt und das Spiel wirkt alleine schon aufgrund des Wechsels der Perspektive von der Third-Person-Perspektive (The Witcher 3) in die Vogelperspektive (Thronebreaker) entschleunigend. Man könnte hier vielleicht den Vergleich eines Film-Epos (The Witcher 3) mit einem Hörbuch (Thronebreaker) bemühen. Das ist keinesfalls negativ zu verstehen, doch man muss das mögen. Lässt man sich jedoch darauf ein, wird man mit einem Kleinod der Kartenspiele belohnt, das die Welt des Weißens Wolfs von einer neuen und bisher ungesehenen Seite mit Charakteren zeigt, die Buchkenner in den vorherigen Spielen vielleicht vermisst haben.
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