Inside The Witcher, Teil 2

Zweiter Teil der Preview von rpgwatch.com vom 5.10.2007.

Skillbäume
Geralts Skillsystem basiert auf 15 Eigenschaften: 4 Attribute (Stärke, Geschick, Ausdauer und Intelligenz), 5 magische Witcher-Zeichen und 6 Schwertkampfstile. Anstatt des herkömmlichen numerischen Additionsprinzips wird in diesem Rollenspiel ganz anders verfahren. CDPR beschreibt die Charakterentwicklung als einen riesigen (Baum-)Stamm, an dem viele unterschiedliche Äste wachsen.

Bronze,- Silber,- und Gold-Talente
Für jede Eigenschaft gibt es 5 Skill Level und für diese wiederum 4 Spezial-Skill Level. Erfahrungspunkte erhält man mit jedem erkämpften Level-Up. Und man wird mit "Talenten" belohnt (dies hängt der vom Stand der Erfahrung ab). Mit diesen Talenten verschafft sich Geralt Zugang zu besonderen Fertigkeiten. Talente gibt es in drei farblichen Unterscheidungen und Bedeutungen: Bronze, Silber und Gold. Mit Bronze-Talenten kann man Level 1 und 2 Skills freischalten, Silber für Level 3 und 4 Skills und mit Gold-Talenten geht's ran an die Level 5 Skills.

Beispiel: Wir haben uns entschieden, Geralt's schnellen Angriff (Fast Attack) zu verbessern mit dem Stahlschwertes. Setzt man das Bronze-Talent ins Level 1 dieses Stammes, gibt das für diese Eigenschaft (Fast Attack) eine erste Angriffssequenz mit zwei Schlägen (mit bestimmten Schadens- und Angriffsstärken sowie Ausweichen usw.) Setzt man noch ein Talent für das Level 2, enthält die Angriffssequenz bereits 4 Schläge mit besseren Werten.
Ein weiterer Ast an diesem Stamm ist der Paralysis-Skill, noch auf Level 1. Dieser Skill fügt dem Level 1 Angriff eine prozentuale Chance auf "Lähmen" hinzu. Um diesen Paralysis-Skill als zweite Angriffskombo der ersten Angriffsserie von 4 Schlägen anzuknüpfen, muss der Skil mit einem zweiten Talent belegt werden.

Einige Skills verfügen über Synergien. Der Patinado-Skill zum Beispiel gibt zusätzlichen Schaden zum Schwert, wenn der Gegner vorher mit dem magischen Feuerzeichen angebrutzelt wurde.

Die meisten Eigenschaften werden für die Kampffähigkeiten benutzt, indem man Änderungen zum Angriff vornimmt, magische Fähigkeiten oder verschiedene defensive Fähigkeiten. Neben Kampf gibt es noch Eigenschaften für Alchemie und das Herstellen von Ölen oder Sprengsätzen. Geralt erlernt keine Fähigkeiten für Dialoge oder Diplomatie. Obwohl man Verteidigung, Magie oder Alchemie ausbauen kann, wird Geralt seit je her ein Schwertmeister sein und daher in den Kampffertigkeiten stark sein.


Auf in den Kampf
The Witcher wendet ein Kampfsystem an, das mehrere Angriffe in einer Attacke mit einander nahtlos kombiniert – wenn man das richtige Timing raus hat. Mit einem simplen Klick wird der erste (schön modifizierte) Angriff ausgelöst. Sobald dieser Angriff sich dem Ende entgegen prügelt, klickt man ein zweites Mal für den folgenden Angriff. Verpasst man den richtigen Zeitpunkt, wird die gesamte Attacke abgebrochen. Das gibt dem Gegner die Gelegenheit, in die Offensive zu gehen.

Geralt beherrscht drei Kampfstile: stark, schnell und Gruppengegner, jeweils für die beiden Schwerter aus Silber und Stahl. Unterschiedliche Feinde werden entsprechend ihrer Konstitution mit dem entsprechenden Schwert und Kampfstil beharkt. Für Menschen mit schwerer Rüstungen ist das Stahlschwert und der starke Kampfstil am besten geeignet. Drowners entzieht man mit dem Silberschwert und dem schnellen Kampfstil die Lebensberechtigung. Der Gruppenstil wird angewandt für Angriffe im weiten Radius gegenüber mehreren Gegnern. Jeder dieser Kampfstile hat seine eigene Animation. Durch den Ausbau der Angriffe ändert sich die Animation dann nochmals. Es wird niemals eine immer gleiche Endlosschleife der Angriffe zu sehen sein. Alles, was man sich unter einem rasanten Angriff vorstellt, beherrscht Geralt in fließend aneinander gereihter Animation – drehen und wenden, waghalsige Sprünge, erstaunliche Angriffkombos bis hin zum finalen Schlag wie zum Beispiel eine Enthauptung. Wenn Geralt richtig fit ist, kann er dem Gegner sogar auf die Schulter springen, um dann mit ausholendem Hieb sein Schwert in ihn zu bohren.

The Witcher bietet eine Pausefunktion, um die Attacken nach belieben zu regeln. Möglich ist auch, in der Zeit im Inventar nach einer anderen Waffe zu kramen, ist aber während des Kampfgeschehens eine riskante Sache. Geralt kann übrigens Äxte, Dolche und sogar Fackeln benutzen, aber die gelernten Witcher-Fertigkeiten sind auf diese Waffen nicht anwendbar.

Mit dem Rechtsklick löst man die magischen Witcher-Zeichen aus. Diese Fähigkeiten sind aber nur als Unterstützung gedacht, um z.B. Gegner durch einen mächtigen Energieschlag oder der "Wall of Fire" zurückzustoßen. Diese Fähigkeiten können nicht als einziger Angriff ausgebaut und angewandt werden.

Gute Fähigkeiten fürs Ausweichen oder parieren hängen von den Charakter-Skills ab anstatt dass der Spieler direkt darauf Einfluss hat. Allerdings kann man mit einem Doppelklick aus der Vogelsperspektive oder zweimaliges Drücken der Pfeiltaste einige Ausweichmanöver ausüben, wie zum Beispiel einen Salto rückwärts. Zu jeden der sechs Kampfstile gibt es übrigens unterschiedlich Ausweichmanöver, die in ihrer Animation wirklich beeindruckend aussehen.

Das alles macht das Kampfsystem intensiv und sehr schnell, ohne dass man hektisch ins rotieren kommt. Der Spieler wird um "mehr Interaktion gebeten" als bei ARPGs im Stil von Diablo, aber insgesamt ist das System recht einfach. Ob sich eine Langzeitmotivation entwickelt, kann man noch nicht sagen.


Sinnvolle Nebenbeschäftigungen
Ein wichtiger Faktor steht in Zusammenhang zum Kampf: Alchemie. In den meisten RPGs wird nebenbei ein wenig mit Alchemie herumgebraut. Bei The Witcher rückt Alchemie mehr in einen realistischen Mittelpunkt. Zutaten hierfür finden sich in den Innereien verschiedener Monster sowie Pflanzen, die auf einer alkoholischen Basis zu einem Elixier hergestellt werden. Allerdings muss man sich vorher über die Rezepte schlau machen und darüber, wie man die Zutaten erntet. Dies erfährt Geralt aus Büchern oder von NPCs. Die Witcher-Elixiere gibt es nicht zu kaufen. Also immer Augen offen halten nach den Zutaten.
Elixiere sind ähnlich wie Drogen. Man erhält vorübergehend besondere Fähigkeiten, aber auf Kosten anderer Fähigkeiten wie zum Beispiel eingeschränkte Sehfähigkeit oder sogar Tod, wenn man zu viele Elixiere auf einmal kippt. Durch sofortige Meditation der Reinigung kann man sich vor dem beinahen Vergiftungstod bewahren. Bei besonders riskanten Kampfeinsätzen muss Geralt vorher (eine angemessene Dosis) der Elixiere zu sich nehmen.

Minigames sind oft nebensächlich und spielen eine untergeordnete Rolle. The Witcher hat es gut hingekriegt, zumindest zwei Minigames als Freizeitbeschäftigung anzubieten. Über das dritte Minigame könnt ihr euch selbst ein Urteil bilden.
Zum einen kann man Pokerregeln an Würfelspielen mit NPCs teilnehmen. Es geht dabei um Geld und Ehre. Zum anderen kann man sich an einer Kneipenschlägerei austoben, bei dem der Sieger ebenfalls eine Geldprämie einstreicht. Und letztendlich kann man sich mit gewissen Frauen einlassen und erhält dafür Karten, die einen an diese Heldentat erinnern. Auf dem Screenshot seht ihr eine von den mehr geschmackvollen Erinnerungsstücken.


Gesamteindruck
Die Betaversion lief recht stabil und verhältnismäßig bug-frei mit einer anständigen Performance auf einem gewöhnlichen Gamer-Rechner (verlässliche 30fps bei einer 1024x768 Auflösung bei einer besseren Ausstattung P4 3.2GHz, 256Mb Geforce 6800GT und 2GB RAM). Die rpgwatch.com Redaktion sieht der Veröffentlichung von The Witcher zuversichtlich entgegen. Einige Gebiete brauchen noch einen Feinschliff an Überarbeitung, wie z.B. Störungen während der in-game Cutscenes und in der Synchronisation und Lippenanimation. Etwas, das sicher nicht weiter auffallen würde, aber in The Witcher kommen oft in-game Cutscenes vor und Dialoge werden in cinematic-Breitbandformat dargestellt.
Es gab da noch andere Seltsamkeiten während der cinematic Dialogsequenzen. NPCs reagieren nicht, wenn ein Monster in ihrer Nähe ist und beginnen ein Gespräch. Sobald sich das Monster nähert, erstarrt es im Hintergrund und man kann gemütlich weiterplaudern.
Das sind allerdings eher Kleinigkeiten, die bei dem Gesamtpotenzial, das The Witcher zu bieten hat, nicht sonderlich ins Gewicht fallen und sicherlich mittlerweile ausgemerzt sind.

Es hat viel Spaß gemacht, The Witcher zu spielen. Die Welt hat viel zu bieten, ist vielschichtig und überzeugend. Die Geschichte und Quests vermitteln einen Anreiz, weiterzuspielen. Das Herzstück des Games, das Entscheidungssystem, klingt sehr viel versprechend. rpgwatch.com hofft, dass das, was die Redaktion bis hierhin so an The Witcher gefesselt hat, auf gleichem Niveau bis Ende des Spiels gehalten wird.
The Witcher unterscheidet sich auf alle Fälle von anderen RPGs. Manche Spieler müssen sich daran gewöhnen, dass sie die Auswirkungen ihrer Entscheidungen nicht vorhersehen oder einkalkulieren können. Aber es ist eine gute Sache, dass die Entwickler versuchen, diese Fesseln des Genres zu sprengen.
Das Kampfsystem war besser als die rpgwatch -Crew erwartet hatte. Sie vermuten allerdings, dass viele Spieler die Technik wie in Gothic oder Oblivion vorziehen werden. Andererseits hat CD Projekt sehr hart daran gearbeitet, eine Charakterentwicklung zu verwirklichen, die der Romanfigur von Sapkowski wahrheitsgetreu entspricht. Und trotzdem bietet das Spiel eine Vielzahl an Möglichkeiten, den Charakter individuell auszubauen.

Als der Tag um war, konnte die Redaktion es kaum erwarten, bis sie das Spiel endlich weiterzocken können – und das soll schon was heißen.


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